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Wenn der Tod tanzt 2011

Eine mystisch-heitere Begegnung mit dem Tod

8. März 2011 | 04:30 Uhr | Von Petra Klatt

 

Ulla Benninghoven gab dem Tod ein menschliches Gesicht und nahm auch den Saxofonspieler Reso Kidnadze mit in sein dunkles Reich. Foto: klatt

Nach der Performance der Aktion "Wenn der Tod tanzt..." am Sonntagabend in der Borbyer Kirche zeigte sich das Publikum sehr mitgenommen. Von "erschreckend" bis "wunderbar" reichten die Reaktionen. Eine Darbietung der Sunshine Singers, der Kantorei der Kirchengemeinde Borby sowie der Hospizinitiative Eckernförde, die unter die Haut ging.

Reger Fußgängerverkehr durch die Kirche: Männer, Frauen, Kinder und Jugendliche erhoben sich stumm von ihren Plätzen, gingen, eilten durch die Kirche, "begegneten" sich wort- und grußlos. Jeder mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt, hasteten diese Menschen aneinander vorüber, beachteten einander kaum. Musikalisch begleitet wurde die eilende Menschenmenge von einem Saxofon und einer Orgel, wehleidig, klagend, dann wieder sich krächzend überschlagend und laut seufzend, um schließlich abrupt zu verstummen - wie im Alltag in einer pulsierenden Großstadt: Eben noch voller Leben und dann ging das Licht aus, die Besucher saßen im Dunkeln. Ein grell rotes Licht wie in der Hölle flammte auf, die Seitentür öffnete sich, leise knarrend. Herein trat ein Engel in einem wallenden weißen Gewand, nein, auf den zweiten Blick blieb kein Zweifel: Hier erschien der Tod - bewusst nicht als düsteres Furcht einflößendes Knochengerippe.

Dieser personifizierte Tod (Ulla Benninghoven) unterstrich eine neue Perspektive, lief diesem attraktiv wirkenden Tod doch ab und zu ein heiteres Lächeln über das Gesicht, bewegte "er" sich dann im hellen Scheinwerferlicht wie ein Schwan, vollführte elfenhafte Tanzschritte, suchte seinen Weg durch die Sitzreihen, verharrte von einem lüsternen "Verfolger" (Schattenlicht) hier und dort hinter einem Besucher, als wollte er andeuten, du bist es...oder du. Manch einem gefror der Atem oder liefen Schauer über den Rücken, um ebenso schnell wieder ins Bewundern zu verfallen.

Ein Mädchen (Marit Wohlenberg) spielte mit dem Tod Verstecken: "Du kriegst mich nicht", rief die Kleine selbstbewusst. Freya Geruschkat lockte den Tod hingegen mit einem hell klingenden Gesang als "Schlafes Bruder" zu sich, ein älterer Herr (Wolfram Splittgerber) forderte den Tod lächelnd zum Walzertanzen auf, ein Hirte (Ole Halley) kämpfte trotzig mit seinem Wanderstab gegen den drohenden Tod. Schülerin Lia Nielsen näherte sich dem nachdenklich kauernden Tod als "Neugier",....keiner entrann dem Tod, denn die Lebenszeit dieser fünf Menschen war in unterschiedlichen Lebensphasen abgelaufen. Dabei begaben sich alle fünf heiter in die Ewigkeit, die hier durch die Seitentür der Kirche symbolisiert wurde. "Der Tod als ein Windhauch - durch ihn erleben wir die Rückkehr ins Paradies," stellte es Sprecher Rainer Kluß dar, der zum Teil in stockdunkler Kirche, nur mit einer kleinen Lampe, auf der Kanzel stand.

In einem lateinischen Hymnus aus dem 7. Jahrhundert wird schon dieser Hinweis gegeben: "Ins Paradies mögen die Engel dich geleiten." Die tänzerische Spielhandlung im Kirchenschiff wurde von Orgel und Saxofon musikalisch dialogisiert, Stakkato-Rhythmus in verzerrenden Lauten, grausam quäkend, ins liebliche Kinderlied übergehend, dann wieder unheimlich driftende Klänge, und schließlich geriet auch der Saxofonist Reso Kidnadze überraschend aus dem Altarraum tretend in den Bann des Todes, röchelnd würgte er sein Instrument, zwischendrin lauter werdend, um wieder abzureißen, in Atemnot zu verfallen. Von oben wurde die Gefahr als ein verhaltenes "Tatü-Tata" von der Orgel heraufbeschworen. Der Tod verschlang auch den Musiker, holte ihn in die Ewigkeit und dieser spielte im Dunkeln des Friedhofs noch einige Takte Open Air, bis auch das Schnurren des Saxofons schwächer wurde, säuselnd innehielt.

Die Performance wollte den Tod als Teil unseres Lebens darstellen, wollte darlegen, dass Gott alles zu seiner Zeit in vollkommener Art getan habe, das Sterben sei vorstellbar wie eine windige Nacht. Plötzlich schreckte lautes Klopfen, unheimliches Scharren und gespenstisches Klatschen die Besucher erneut auf. Etliche Menschen erhoben sich wieder. Die fünf "gestorbenen" Solisten erschienen vor dem Altar, am Schluss bildeten die Fußgänger den Chor und sangen jenes Lied in lateinischer Sprache: "Der Chor der Engel möge dich empfangen und mit Lazarus, dem einst Armen, mögest du ewige Ruhe haben.."

Ein Totentanz zum Fürchten und doch als Schwelle des Nachdenkens über das eigene Leben, die eigene Zeit.